Mein Dorf Am Ende Der Welt

Am Bahndamm entlang bis zur Brombeerhecke
Über den holprigen Bahnübergang
Meine geheimen Höhlen und Verstecke
Die ganze Welt lag an dem Schienenstrang

Es tut mir gut, all das wiederzusehen!
Was ist es, das uns fortzugehen drängt?
Ich glaub', man braucht die Ferne, um zu sehen
Dass auch der ewig Suchende am Wohlvertrauten hängt

Die wohlvertraute Dämmerung sinkt nieder
Und feiner, dünner Nieselregen fällt
Auf schimmernden Basalt Da bin ich wieder
Mein graues Dorf am Ende der Welt!

Die Jungen steh'n in der Bushaltestelle
Noch immer Treffpunkt Regenunterstand
Der einz'ge Zufluchtort für alle Fälle
Jeder malt sein S.O.S. an die Wand

Die Alten steh'n mit steinernen Fassaden
Im Ausschrank hinter der Papierfabrik
Und aus der offnen Kneipentür zieh'n Schwaden
Von Dunst und gelbem Licht und ewig gestriger Musik

Da steh'n sie, um nicht allein zu versinken
Mancher, weil ihm das Leben zu schwer fällt
Und mancher, um es sich leichter zu trinken
In meinem Dorf am Ende der Welt

Ein rauher Alltag zeichnet die Gesichter
Und Haus- und Feld- und Untertagarbeit
Aber er setzt in ihre Augen Lichter
Von Wärme und echter Herzlichkeit

Sie sind es, die mich an diesen Ort binden
Sie machen einen noblen Platz daraus!
Heimat ist immer, wo wir Freunde finden
Wo immer jemand auf dich wartet, da ist Zuhaus'!

Und Glück, wenn jemand nach all deinen Wegen
Ein Licht für dich ins dunkle Fenster stellt
Heut' nacht kann ich mein Bündel niederlegen
In meinem Dorf am Ende der Welt

Und Glück, wenn jemand nach all deinen Wegen
Ein Licht für dich ins dunkle Fenster stellt
Heut' nacht kann ich mein Bündel niederlegen
In meinem Dorf am Ende der Welt



Credits
Writer(s): Reinhard Mey
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