Elektra, Op.58, TrV 223: "Was bluten muß? Dein eigenes Genick"

Was bluten muss? Dein eigenes Genick,
wenn dich der Jäger abgefangen hat!
Ich hör ihn durch die Zimmer gehn,
ich hör ihn den Vorhang von dem Bette heben:
Wer schlachtet ein Opfertier im Schlaf!
Er jagt dich auf, schreiend entfliehst du.
Aber er, er ist hinterdrein,
er treibt dich durch das Haus!
willst du nach rechts, da steht das Bett!
nach links, da schäumt das Bad wie Blut!
das Dunkel und die Fakkeln werfen
schwarzrote Todesnetze über dich
Hinab die Treppen durch Gewölbe hin,
Gewölbe und Gewölbe geht die Jagd
Und ich, ich, ich, ich, ich, die ihn dir geschickt,
ich bin wie ein Hund an deiner Ferse,
willst du in eine Höhle,
spring ich dich von seitwärts an.
So treiben wir dich fort,
bis eine Mauer Alles sperrt,
und dort im tiefsten Dunkel,
doch ich seh ihn wohl, ein Schatten,
und doch Glieder und das Weisse von einem Auge doch,
da sitzt der Vater, er achtet's nicht,
und doch muss es geschehn,
zu seinen Füssen drücken wir dich hin.
Du möchtest schreien,
doch die Luft erwürgt den ungebornen Schrei
und lässt ihn lautlos zu Boden fallen,
wie von Sinnen hälst du den Nacken hin,
fühlst schon die Schärfe zukken bis an den Sitz des Lebens,
doch er hält den Schlag zurück:
die Bräuche sind noch nicht erfüllt.
Alles schweigt, du hörst dein eignes Herz
an deinen Rippen schlagen:
diese Zeit sie dehnt sich vor dir
wie ein finstrer Schlund von Jahren,
diese Zeit ist dir gegeben zu ahnen,
wie es Scheiternden zu Mute ist,
wenn ihr vergebliches Geschrei die Schwärze
der Wolken und des Tods zerfrisst,
diese Zeit ist dir gegeben,
alle zu beneiden,
die angeschmiedet sind an Kerkermauern,
die auf dem Grund von Brunnen nach dem Tod
als wie nach Erlösung schrei'n.
Denn du,
du liegst in deinem Selbst so eingekerkert,
als wär's der glühnde Bauch
von einem Tier von Erz,
und so wie jetzt kannst du nicht schrein!
da steh' ich vor dir,
und nun liest du mit starrem Aug'
das ungeheure Wort,
das mir in mein Gesicht geschrieben ist:
erhängt ist dir die Seele in der selbst,
gedrehten Schlinge,
sausend fällt das Beil,
und ich steh' da und seh' dich endlich sterben!
Dann träumst du nicht mehr,
dann brauche ich
nicht mehr zu träumen,
und wer dann noch lebt, der jauchzt
und kann sich seines Lebens freun!



Credits
Writer(s): Hugo Hofmannsthal Von, Richard Dunser, Richard Strauss
Lyrics powered by www.musixmatch.com

Link