Südbahnhof

Montenegro, Murina, damals vor vielen Jahren
Wo die Berge Trauerfarben wegen Kriegen tragen
Mein Vater jung, im Mund eine Zigarette
Hat gearbeitet am Feld, war ein Meister mit der Sense

Mit sein'n Brüdern unter einem Dach
Wasch die Wäsche mit der Hand, denn ein Gerät hat man früher, Bruder, keins gehabt
Der erste Fernseher kam in die Fabriken
Und in Schwarzweiß stach damals Ali wie 'ne Biene

Und mein Paps packte sich dann einen Fußball und spielte
Räumte Pokale ab auf Fußballturnieren
Alles für Kleingeld, keine riesigen Verdienste
Jeder Spieler aus der Mannschaft war ein Mitglied der Familie

Und dann klopfte die Armee an, es hiess nun mal einrücken
JNA und dort wurde Papa Nummer-eins-Schütze
Mein Opa stolz, Oma weint, Mann, normal
Ihr Sohn ging als Kind und kam dann heim als Soldat

Lebenslang wird jeden Tag derselbe Kampf gekämpft
Leute wie wir sind den Menschen, Brate, fremd
Österreich macht Probleme, klingelt an Vaters Hausnummer
Hier bin ich Ausländer, unten aber auch, Bruder

Zusammen durch die schwarzen Jahre ohne Ende
Für Baustelle brauchst du keine Sprache, sondern Hände
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an

Dann hieß es Geld verdien'n, friss oder leide
Denn das Studium bezahlt sich nicht von alleine
Danach am Kosovo, Pećka patrijaršija
Wurde Paps Professor, gelehrter Mann mit Abi, ja

Er kam zurück ins Dorf und plante schon die nächste Route
Ziel: Bosna, wo ne Schule einen Lehrer suchte (a-ha)
Gornji Vakuf, traurig wohnt sichs' allein
Meine Mama kam von da und so schloss sich der Kreis

Meine Mama kam aus reichem Hause, alles gut
Das einzige Mädchen, das 'nen Pelz um ihren Nacken trug
Und nur verliebte Blicke warf ihr mein Vater zu
Der Rest, tja, dem Ergebnis hört ihr grade zu

Das Geld fehlte, Vater zahlte den höchsten Preis
Ohne ein Gramm Deutsch ab Richtung Österreich
Südbahnhof Ankunft, Ausländer ohne Mutter
Balkan-Schicksale, Baustelle oder Hungern

Lebenslang wird jeden Tag derselbe Kampf gekämpft
Leute wie wir sind den Menschen, Brate, fremd
Österreich macht Probleme, klingelt an Vaters Hausnummer
Hier bin ich Ausländer, unten aber auch, Bruder

Zusammen durch die schwarzen Tage ohne Ende
Für Baustelle brauchst du keine Sprache, sondern Hände
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an

Tito starb, was danach kam, Bruder, war ja klar
Die Lunte hat gebrannt und das Pulverfass war nah
Kugelhagel Slovenija, Mama war gesegnet
Fuhr im Bus mit zwei Kindern, sprach die ganze Fahrt Gebete

Sie kam auch auf den Südbahnhof, Gott gebührt mein ganzer Dank
Und sie fing dann bei Null zusamm'n mit meinem Vater an
Überlebenskünstler, meine Mama zählte Tage
Durch die Straßen wegen Arbeit, fragte nach in jedem Laden

Und dann ging sie mit mei'm Vater durch die Jahre ohne Ende
Denn für Arbeit brauchst du keine Sprache, sondern Hände
Der Staat will heimschicken, Krieg, Flucht, Mutter bittet
Und zittert und zack, Visum unbefristet

'99 traf meinen Vater ein harter Schlag
Weil die NATO ihm mit Bomben seinen Vater nahm
Gedzo, ich kenn zwar nicht mein Schicksal, aber
Alles Gute an mir fing mit dir an, Tata

Lebenslang wird jeden Tag derselbe Kampf gekämpft
Leute wie wir sind den Menschen, Brate, fremd
Österreich macht Probleme, klingelt an Vaters Hausnummer
Hier bin ich Ausländer, unten aber auch, Bruder

Zusammen durch die schwarzen Tage ohne Ende
Für Baustelle brauchst du keine Sprache, sondern Hände
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an
Meine Geschichte fing am Südbahnhof an

Eva und Adam
Mama und Papa



Credits
Writer(s): Doni Balkan, Manilo, Pmc Eastblok, Stanic
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