Richard Wagner, Helen Watts, Anita Valkki, Grace Hoffman, Wiener Philharmoniker & Sir Georg Solti -
Wagner: Götterdämmerung
Götterdämmerung / Prologue: "Welch Licht leuchtet dort?"
Auf dem Walkürenfelsen
(Die Szene ist dieselbe wie am Schlusse des zweiten Tages. - Nacht. Aus der Tiefe des Hintergrundes leuchtet Feuerschein.)
(DIE DREI NORNEN, hohe Frauengestalten in langen, dunklen und schleierartigen Faltengewändern. Die erste (älteste) lagert im Vordergrunde rechts unter der breitästigen Tanne; die zweite (jüngere) ist an einer Steinbank vor dem Felsengemache hingestreckt; die dritte (jüngste) sitzt in der Mitte des Hintergrundes auf einem Felssteine des Höhensaumes. - Eine Zeitlang herrscht düsteres Schweigen.)
DIE ERSTE NORN (ohne sich zu bewegen):
Welch Licht leuchtet dort?
DIE ZWEITE: Dämmert der Tag schon auf?
DIE DRITTE: Loges Heer
lodert feurig um den Fels.
Noch ist's Nacht.
Was spinnen und singen wir nicht?
DIE ZWEITE (zu der ersten): Wollen wir spinnen und singen,
woran spannst du das Seil?
DIE ERSTE NORN (erhebt sich, während sie ein goldenes Seil von sich löst und mit dem einen Ende es an einen Ast der Tanne knüpft)
So gut und schlimm es geh',
schling' ich das Seil und singe. -
An der Welt-Esche
wob ich einst,
da gross und stark
dem Stamm entgrünte
weihlicher Äste Wald.
Im kühlen Schatten
rauscht' ein Quell,
Weisheit raunend
rann sein Gewell';
da sang ich heil'gen Sinn. -
Ein kühner Gott
trat zum Trunk an den Quell;
seiner Augen eines
zahlt' er als ewigen Zoll.
Von der Welt-Esche
brach da Wotan einen Ast;
eines Speeres Schaft
entschnitt der Starke dem Stamm.
In langer Zeiten Lauf
zehrte die Wunde den Wald;
falb fielen die Blätter,
dürr darbte der Baum,
traurig versiegte
des Quelles Trank:
trüben Sinnes
ward mein Gesang.
Doch, web' ich heut'
an der Weltesche nicht mehr,
muss mir die Tanne
taugen zu fesseln das Seil:
singe, Schwester,
- dir werf' ich's zu. -
Weisst du, wie das wird?
(Die Szene ist dieselbe wie am Schlusse des zweiten Tages. - Nacht. Aus der Tiefe des Hintergrundes leuchtet Feuerschein.)
(DIE DREI NORNEN, hohe Frauengestalten in langen, dunklen und schleierartigen Faltengewändern. Die erste (älteste) lagert im Vordergrunde rechts unter der breitästigen Tanne; die zweite (jüngere) ist an einer Steinbank vor dem Felsengemache hingestreckt; die dritte (jüngste) sitzt in der Mitte des Hintergrundes auf einem Felssteine des Höhensaumes. - Eine Zeitlang herrscht düsteres Schweigen.)
DIE ERSTE NORN (ohne sich zu bewegen):
Welch Licht leuchtet dort?
DIE ZWEITE: Dämmert der Tag schon auf?
DIE DRITTE: Loges Heer
lodert feurig um den Fels.
Noch ist's Nacht.
Was spinnen und singen wir nicht?
DIE ZWEITE (zu der ersten): Wollen wir spinnen und singen,
woran spannst du das Seil?
DIE ERSTE NORN (erhebt sich, während sie ein goldenes Seil von sich löst und mit dem einen Ende es an einen Ast der Tanne knüpft)
So gut und schlimm es geh',
schling' ich das Seil und singe. -
An der Welt-Esche
wob ich einst,
da gross und stark
dem Stamm entgrünte
weihlicher Äste Wald.
Im kühlen Schatten
rauscht' ein Quell,
Weisheit raunend
rann sein Gewell';
da sang ich heil'gen Sinn. -
Ein kühner Gott
trat zum Trunk an den Quell;
seiner Augen eines
zahlt' er als ewigen Zoll.
Von der Welt-Esche
brach da Wotan einen Ast;
eines Speeres Schaft
entschnitt der Starke dem Stamm.
In langer Zeiten Lauf
zehrte die Wunde den Wald;
falb fielen die Blätter,
dürr darbte der Baum,
traurig versiegte
des Quelles Trank:
trüben Sinnes
ward mein Gesang.
Doch, web' ich heut'
an der Weltesche nicht mehr,
muss mir die Tanne
taugen zu fesseln das Seil:
singe, Schwester,
- dir werf' ich's zu. -
Weisst du, wie das wird?
Credits
Writer(s): Wilhelm Richard Wagner
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